Nur noch zwei Spieltage, dann ist die erste Saison von Rot-Weiss Essen im Profifußball nach 14 Jahren unfreiwilliger Enthaltsamkeit, die erste Spielzeit in der 3. Liga überhaupt Geschichte. Und bei 6 Punkten sowie 9 Toren Vorsprung auf „unter dem Strich“, ist der Klassenerhalt so gut wie sicher. Natürlich kann man als notorischer Zweifler jetzt einwenden, dass schon mal kotzende Pferde vor einer Apotheke gesichtet worden, dass im Fußball alles möglich ist und dass… nein. Der RWE punktet am Wochenende in Halle sowie im letzten Heimspiel gegen Verl, und Oldenburg wird ziemlich sicher nicht 6 Punkte aus den zwei verbleibenden Partien holen. Und wenn ich als manchmal allzu nüchterner Pragmatiker das so sehe, dann kannst Du das guten Gewissens auch. Der RWE wird ein weiteres Jahr in Liga 3 kicken.

Und diese Spielzeit, auf die wir alle weit über ein Jahrzehnt gewartet haben, warten mussten, die hatte es direkt in sich. Gleich im ersten Spiel vor heimischer Kulisse der blinde Ritt in die Elversberger Kreissäge, massive Probleme auch noch in den folgenden Spielen, eine klar erkennbare Formsteigerung gegen Mitte der Hinrunde und eine Rückrunde, in der es leider viel zu oft spielerisch und auch – für mich fast noch schlimmer – mentalitätsmäßig deutlich im Getriebe stotterte. Aber auch immer mal wieder Kicks wie gegen Bayreuth und vor allem Freiburg, nach denen man mit einem guten Gefühl nach Hause gehen konnte, weil echter Hafenstraßenfußball geboten wurde. Dazu die plötzliche Trennung von Jörn Nowak, Neubesetzungen, die Zwickau-Situation, die Causa Felix Herzenbruch, dessen erzwungener Abgang für mich ein fundamentaler Fehler ist, viel Geraune und Erstaunen über interne Dinge, wobei man gerade da schnell den Eindruck bekommen konnte, dass manche Experten in den sozialen Netzwerken eigentlich lieber die Gala oder ein anderes Tratsch- und Klatschblättchen bevorzugen, als irgendein Fußballmagazin. Aber ich gönne jedem seine Hobbys und Interessen, daher viel Spaß dabei.
Aber ja – ich habe mich selber oft genug dabei ertappt, wie ich nach diversen Spielen entweder mit richtig mieser Laune die Hafenstraße verlies, oder nach Spielende mit einer Tüte Chips grummelnd vor dem Fernseher saß und meine Freundin angepampt habe. Dabei kann die rein gar nichts für irgendwas. Und da ich auch einen Account auf Twitter pflege, dem Netzwerk der Dauerempörten, hey – einfach mal draufnageln. Dabrowski raus, Uhlig der Blödmann, Young kann nix, Berlinski rennt nur blöd in der Gegend rum und überhaupt hab ich heute echt schlecht geschissen! Ja, manches davon kann ich manchmal auch. Fußball ist Emotion, Stress, Ärger, Freude, Euphorie, Enttäuschung und Katharsis. Und manchmal trennen nur Sekunden das eine von dem anderen.
Nur – was ist eigentlich mal mit Demut? Oder sagen wir, ein bisschen Nüchternheit? Scheiße, ich verstehe auch nicht immer, was Christoph Dabrowski da manchmal macht. Ich habe meine Wunschelf, die aber sowieso nie auf dem Platz steht, weil Sergio Ramos und Karim Benzema nicht beim RWE unter Vertrag stehen. José Mourinho leider auch nicht. Ja, ich bin stinksauer und habe die Fresse dick, wenn eine rot-weisse Mannschaft in manchen Spielen nicht die Mentalität erbringt, die ich immer, in jedem Spiel von ihr verlange. Und, und, und. Aber in einer ruhigen Minute, irgendwann nach einem Spiel, oder vielleicht am Tag danach, da sollten manche – ja, auch hin und wieder ich – einfach mal in sich gehen, ihre Wunschvorstellungen mit der Realität und da vor allen mit dem Machbaren abgleichen. Und da die Realität wohl Klassenerhalt bedeutet, bin ich im Großen und Ganzen mit dieser Premierensaison in der 3. Liga zufrieden. Und ich fände es abgrundtief falsch, sollte beim letzten Heimspiel gegen Verl schon vor dem Anpfiff miese, geplante Stimmung herrschen. Nur der RWE.
Aus der Ferne betrachtet war das eine Achterbahnfahrt durch Liga 3. Auf dem Platz aber wohl auch hinter den Kulissen. Liga 3 ist und bleibt eine Pleiteliga, die Absteiger aus Liga 2 werden zusätzlich finanziell unterstützt und die „Etablierten“ haben kaum Einnahmen. Als Aufsteiger wurde ihr sicher stark durch Euphorie getragen, hoffentlich legt dich dies nicht in der kommenden Saison. Ganz wichtig, dass hinter den Kulissen ruhig und konzentriert gearbeitet wird und keiner den Ton angibt, der die 2.Liga angreifen will. Wünsche Euch keine Pferde vor der Apotheke.
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Gratulation RW hat es zu 99,9 % geschafft. Mein mitaufsteigender Lehrverein die Spvgg Bayreuth muss wieder in die Regionalliga. Das jedoch hatte ich nicht anders erwartet. Aufsteiger aus der Regionalliga Süd haben es traditionell schwer in der 3. Liga.
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Bayreuth trat an der Hafenstraße ganz gut auf, da waren sie auch kurzzeitig über dem Strich. Aber letztendlich fehlt dann doch die Klasse.
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Wie schon geschrieben, die Regionalliga Süd scheint nicht so stark zu sein. Auch die Bayern Amateure, die personell wesentlich besser aufgestellt sind als die Spvgg, mussten aber auch nach einem Jahr wieder runter.
Mal sehen wie RW sich nächste Saison schlägt. Aus Tradition gehört der Verein eigentlich noch weiter nach oben.
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