5 Fragen an Marcus Uhlig

Marcus, nach zehn bis zwölf Spieltagen ziehe ich für mich immer ein erstes Fazit, bezüglich der Gesamtleistung der Mannschaft, und explizit in dieser Spielzeit bin ich froh, das nicht schon nach sechs oder acht Spieltagen getan zu haben. Denn unterschiedlicher hätten diese beiden – wohlgemerkt äußerst persönlichen – Bewertungen wohl kaum ausfallen können. In den Spielen bis Osnabrück hatte ich oft, zu oft den Eindruck, dass diese Mannschaft noch nicht mal im Ansatz in der 3. Liga angekommen ist, respektive in den Köpfen nicht in der Lage war, die neuen, größeren Herausforderungen anzunehmen. „Alteingesessene“ Spieler wie Young, Herzenbruch oder Heber rangierten schlichtweg neben ihrer gewohnten Spur, die bis dahin getätigten Neuverpflichtungen blieben meist unter der Erwartung und konnten dem Team nur selten Halt und Struktur geben. Seit Saarbrücken, mit partieller Ausnahme des Kicks in Wehen-Wiesbaden, steigt die Formkurve Einzelner wie auch der gesamten Mannschaft kontinuierlich nach oben, bis hin zu einer wirklich sehr guten und geschlossenen Leistung im letzten Heimspiel gegen Dresden. Es ist wohl davon auszugehen, dass das hauptsächlich drei Gründe hat. Die nach Saisonbeginn getätigten Transfers, allen voran vielleicht die Personalie Felix Götze, dem Fakt, dass auch Christoph Dabrowski erst einmal sich und seine Mannschaft finden musste, und: Zeit und Geduld.

Im Grunde hast Du mir damit ja keine Frage gestellt, sondern Deine subjektive Bewertung des ersten Saisondrittels abgegeben. Ich persönlich sehe es so, dass wir nach dem schlechten Saisonstart, der ja insbesondere durch die beiden hohen Heimniederlagen offenkundig wurde, einen Prozess angestoßen haben, der relativ schnell gegriffen hat. Wir haben es hinbekommen, mehr defensive Stabilität zu erzeugen. Und durch die Kaderkorrekturen zum Ende des Transferfensters haben wir sicherlich die Qualität im Ganzen noch einmal angehoben. Beide Maßnahmen haben – wie ich finde – schnell gegriffen. Zudem hat die gesamte Mannschaft sicherlich eine gewisse Anlaufzeit gebraucht, aber es mittlerweile erfolgreich umgesetzt, die 3. Liga mit all ihren Besonderheiten und Erfordernissen anzunehmen.

Der Verein Rot-Weiss Essen, nicht Du als Alleinverantwortlicher, wie es oft zu lesen und zu hören ist, hat auf die jüngsten, nennen wir sie mal ganz schnöde unangenehmen und rufschädigenden Vorkommnisse im Umfeld des Vereins reagiert und von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht. Ich sehe das relativ trocken. Wenn ich Wirt einer Kneipe wäre, oder deren Pächter, und eine bestimmte Person benimmt sich in meinem Laden oder auf der Straße davor wiederholt oder dauerhaft neben der Spur, dann schließe ich früher oder später die Tür für diese Person und für einen bestimmten Zeitraum. Und da ist es mir egal, ob es sich um einen langjährigen Gast oder nur um einen Hin-und-wieder-Besucher handelt.

Du sagst es. Hier ging beziehungsweise geht es nicht darum, was Einzelne im Verein, also zum Beispiel unser Fanbeauftragter oder ich wollen, sondern darum, dass und wie wir aus der Breite des gesamten Vereins, also aus allen Gremien, Gruppen und Abteilungen des Vereins die Entwicklung der letzten Monate bewerten. Dabei haben alle unisono festgestellt, dass gleich mehrfach Grenzen überschritten wurden. Und darauf haben wir gezielt im Sinne von „bis hierhin und nicht weiter“ reagiert. Ich bin sehr gespannt, wie sich die Dinge weiter entwickeln. Jedenfalls kann ich die dem Verein vorgeworfene mangelnde Kommunikationsbereitschaft in keiner Weise so stehen lassen. Wir sind immer gesprächsbereit. Dazu gehört aber auch die Bereitschaft auf der anderen Seite, kritikfähig zu sein, Verantwortung zu übernehmen sowie bestimmte Regeln zu akzeptieren.  

Du bist jetzt seit knapp fünf Jahren Vorstand von Rot-Weiss Essen, und in dieser Zeit ist so einiges passiert. Zuletzt der lang ersehnte Aufstieg, aber zuvor die Kämpfe am Grünen Tisch, der Langstreckenfight mit der Zweitvertretung von Borussia Dortmund inklusive hauchzart verpasstem Aufstieg und vor allem Corona, was uns allen eine neue, eher unangenehme Perspektive auf den Fußball, auf das Spiel und auf das Erlebnis im Stadion beschert hat. Und den Vereinen jede Menge Erfahrungen, auf die man wohl gerne verzichtet hätte. Hast Du irgendwann mal abends auf der Couch oder noch im Büro gesessen und gedacht – Junge, warum tue ich mir das alles eigentlich an?

Natürlich. Diese Gedanken gab und gibt es immer wieder. Aber bislang haben sie sich auch immer recht schnell wieder verflüchtigt, weil das Positive rund um die Arbeit bei RWE stets die Oberhand behalten hat. Allen voran die Krönung für uns alle im Mai 2022 mit dem langersehnten Aufstieg. Und die Tatsache, dass wir alle hier positiv getrieben sind, noch lange nicht fertig zu sein, treibt mich auch immer wieder und immer weiter an. Wir haben mittel- und langfristig schon noch einiges vor mit RWE. Trotzdem kann und will ich nicht verhehlen, dass manche Dinge in diesem turbulenten RWE-Kosmos einen zunehmend verzweifeln lassen. Und da ist in der Tat das gesamte Thema „ausufernde Fan-Problematik“ mit all den dazugehörenden Aspekten zu nennen. 

Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 im totalitären Wüstenemirat Qatar steht unmittelbar bevor, die Tage wurde bekannt, dass die kommenden Asiatischen Winterspiele – von denen ich ehrlicherweise zuvor noch nie hörte – 2029 in Saudi-Arabien stattfinden, in einer Region, in der noch nie Schnee fiel, und in einer Stadt, die erst noch gebaut werden muss. Können wir eigentlich den Fußball, den Sport allgemein noch ernst nehmen, respektive unbeschwert genießen, wie es vielleicht noch vor 20 Jahren der Fall war?

Also ich kann, seitdem ich im Fußball arbeite, den Sport generell nicht mehr so unbeschwert genießen, wie zuvor als Fan. Trotzdem war ich noch bis vor kurzem bei großen Turnieren immer richtig heiß. Aber auch das hat zuletzt deutlich nachgelassen, ich glaube vor der WM 2018 in Russland. Das liegt zum einen daran, dass es unsere Nationalmannschaft schon länger nicht mehr schafft, mich emotional abzuholen. Und über dieses bevorstehende Turnier in Qatar müssen wir gar nicht so viele Worte verlieren. Hier wird der Fußball pervertiert, da wird eine neue Dimension der Entartung erreicht. Natürlich werde ich dann doch die Spiele irgendwie verfolgen, aber ich verspüre bis dato Null Vorfreude auf die WM. 

Was ich als überzeugter Fleischesser und Freund einer überaus begabten Hobbyköchin jeden Menschen frage: Was ist eigentlich Dein Lieblingsgericht?

Boah – schwierige Frage. Kann ich nicht präzise beantworten. Dafür mag ich viel zu vieles aus der deutschen, der österreichischen und der italienischen Küche. Sagen wir mal so: Ich bin sicherlich nicht mehr so ein Fleisch-Fanatiker wie früher. Aber komplett vegetarisch oder gar vegan könnte ich auf Dauer nicht leben.

Werbung

Deine Meinung?

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s