Wer ist Dein Idol?


Im Zuge dieser andauernden Debatte um Franck Ribéry – oder geht es primär um ein Blattgold-Steak, ich weiß es nicht mehr – bin ich nicht nur einmal mit der These konfrontiert worden, dass Profifußballer doch Vorbilder, Idole seien und deswegen einen Lebenswandel bestreiten sollten, der dazu angetan ist, eine Art Leuchtturmfunktion für unsere Jugend, für unsere Kinder darzustellen.

Gut, vielleicht nicht ganz so verquastet, wie ich das jetzt hier formuliert habe, aber es ging immer klar in diese Richtung. Ich vernahm es von Fans, von Politikern, von Funktionären und von Journalisten. Eigentlich von jedem, der sich berufen fühlte, sich als Senftube in dieser Causa zu betätigen.

Einwurf: Natürlich ist die harsche Wortwahl des Franck Ribéry – obwohl ich auch ein Freund klarer und deutlicher Ansagen bin – völlig überzogen. Selbst wenn ich mal etwas ausraste und ganz kurz die Contenance verliere, bin ich immer noch taktvoller als dieser französische Philosoph und Diplomatensohn aus Boulogne-sur-Mer. Was der Mann isst, ist mir hingegen herzlich egal. Mich interessiert es nicht, was andere Menschen essen. Außer, es ist ein Mettbrötchen. Dann werde ich schnell neidisch.

Wie man die deutsche Doppelmoral seziert.

Was mich an diesem sehr öffentlichen Diskurs stört, ist die oben beschriebene Nebendiskussion. Dass man Fronk R. vorwirft, seiner Vorbildfunktion nicht hinreichend nachzukommen. Und da, ganz ehrlich, muss ich mit einer verbalen Blutgrätsche dazwischenhauen. Wann war eigentlich der Tag, an dem wir beschlossen haben, dass Profifußballer Vorbilder – Idole! – für unsere Kinder sein sollen? Wann kamen wir auf die krude Idee, dass ein professioneller – auch wenn er nicht immer so spielt – Balltreter ein Mensch sein kann, dem ein Sechsjähriger nacheifern sollte?

Natürlich, ich weiß schon. Wenn eben dieser Sechsjährige Fan eines Vereins ist, dann wird er sich einen Spieler dieses Vereins, zumindest temporär, zum Vorbild nehmen. Zum, und das klingt für mich nun wirklich gruselig – Idol. Er wird auf dem Bolzplatz den Habitus dieses Spielers übernehmen (auch wenn dieser noch so absurd ist), er wird sich beim Hairdresser dessen Frisur wünschen (auch wenn er damit aussieht wie ein Wischmob) und last but not least wird er seine Eltern bitten, ihm das Trikot seines Lieblingsspielers zu schenken, für schlanke 69,79 Euro (ermäßigte Kindergröße), natürlich inklusive Beflockung.

Es liegt mir fern, dies maßregelnd zu verurteilen. Kinder sind so, und es ist in Ordnung. Aber es liegt an uns, ihnen Alternativen mit auf den Weg zu geben. Ihnen vielleicht mal irgendwann die tatsächliche Bedeutung des Wortes Idol zu erklären. Und dabei Namen nennen, die diesen Begriff wirklich mit Würde füllen. Nelson Mandela, Mahatma Gandhi, meinetwegen Muhammad Ali oder Freddie Mercury. Man sollte da ruhig ins obere Regal greifen. Bob Marley. Nur als Beispiel. Ja, ein Sechsjähriger wird diese Namen kaum kennen. Nur er sollte es, wenn er vielleicht 16 ist. Spätestens dann sollte er erkennen, dass ein Profifußballer wie Franck Ribéry, oder jeder andere, nicht unbedingt das ist, was man unter einem Idol verstehen sollte.

Vielleicht ist all das, was ich hier geschrieben habe, blanker Unsinn. Vielleicht bin ich zu anachronistisch und weigere mich zu akzeptieren, dass Fußballer die „neuen Helden“ unserer Gesellschaft sind. Oder sein sollen. Überlebensgroß aufgeblasen durch unvorstellbar große Image- und Marketing-Kampagnen. Hochgejazzt bis zum geht nicht mehr. So oder so: Ich bewunderte schon immer die Künste mancher Fußballer, wie Eric Cantona oder Zinédine Zidane. Aber auch als Jugendlicher wäre ich nicht auf die Idee gekommen, diese als Idole zu bezeichnen. Weil sie dem schlicht und einfach weder gerecht werden können noch sollen. Es ist nicht ihr Job und nur in ganz ganz wenigen Ausnahmefällen ihre Berufung.

4 Kommentare zu „Wer ist Dein Idol?“

  1. Ich finde ja den Begriff „Idol“ auch ein wenig hoch gegriffen – ich denke aber auch, bei früheren Leuten, die man toll fand, kam das weniger Tolle halt nicht so zum Vorschein. Umgekehrt wurden sie aber auch nicht der normalen Welt so vorenthalten wie heute. Und die heutigen Stars zelebrieren diese Entrücktheit auch noch. Was sie noch weniger zu Idolen werden läßt meiner Meinung nach.
    Ich würde mich freuen, wenn der Fronck nicht auch noch postet, ob der Goldbelag bei der Verdauung abgebaut wird oder nicht.

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    1. Ich muss ehrlich sagen, dass ich dieses Video eigentlich ziemlich witzig fand. Ribéry als hibbeliges Salzstreuerchen, der Koch mit seiner weibischen Poserei, das geht schon fast als Realsatire durch.

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  2. Meinungsfreiheit ist halt Meinungsfreiheit. Das ist ein hohes Gut. Diejenigen, die tagelang auf eine an sich belanglose Veröffentlichung eines privaten Tun herumreiten, um die Kaufanreize am Kiosk für ihr Medium zu befeuern sind die Gegner von Meinungsfreiheit. Diese Leute werden etwas anderes behaupten, wie „die Gesellschaft hat ein Recht auf Information“ und ähnliche deplatzierte Kommentare. Wir sollten sie eliminieren.

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